Von Peter Rosenstreich
Veröffentlicht am Thu, 19.09.2024 - 00:00
Google muss eine 2019 von der EU-Kommission verhängte Milliardenstrafe nicht zahlen. Das Gericht der Europäische Union (EuG) bestätigte zwar grösstenteils die Ergebnisse der Untersuchung der EU-Kommission, nach denen das Unternehmen seine Marktmacht bei Online-Werbung missbraucht hat. Es annullierte aber die verhängte Strafe von fast 1,5 Milliarden Euro, weil die Kommission nach Ansicht des Gerichts Fehler gemacht hat. Die Kommission habe in ihrer Bewertung versäumt, alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, so das Gericht. Es verwies auf die Laufzeit bestimmter Vertragsklauseln, die die Kartellwächter als missbräuchlich eingestuft hatten, sowie auf die Einschätzung, für welchen Markt diese gültig waren. Bei Verhängung der Strafe hatte die Kommission mitgeteilt, dass sich das mutmassliche Fehlverhalten von Google mehr als zehn Jahre hingezogen habe, aber 2016 beendet worden sei. "Wir sind erfreut, dass das Gericht Fehler in der Ursprungsentscheidung erkannt und die Strafe annulliert hat", sagte ein Google-Sprecher. In dem Fall sei es um eine sehr eng gefasste Untergruppe von Nur-Text-Suchanzeigen gegangen, die auf einer begrenzten Anzahl von Websites geschaltet wurden
Der Aktienmarkt hat gestern im Vorfeld des mit Spannung erwarteten Zinsentscheids in den USA nachgegeben. Der SMI verlor 0,5 Prozent auf 11.982 Punkte. Die grössten Abgaben unter den Schweizer Blue Chips verbuchten Sonova. Die Aktie des Hörgeräteherstellers verlor 2,3 Prozent nach einer Abstufung auf "Equalweight" durch Barclays. Neue Produkte dürften zwar gut ankommen, doch sei das im Kurs der Aktie schon eingepreist. Die Wahrscheinlichkeit steigender Konsensschätzungen ist nach Meinung der Analysten gering. Lonza gaben ebenfalls nach einem negativen Analystenkommentar um 1 Prozent nach. Intron hatte die Titel auf Hold zurückgestuft. Für die Givaudan-Aktie (-1,8%) hat Stifel zwar das Kursziel angehoben, weil die Analysten ihr Modell fortgeschrieben haben. Sie sehen auf dem aktuellen Niveau aber kaum noch Potenzial nach oben und bleiben daher bei der Einstufung "Hold". Besser als der Markt hielten sich Novartis (kaum verändert) und Roche (+0,8%). Novartis wurden dabei von der erweiterten Zulassung eines Krebsmittels gestützt.
Europa
Vor dem mit grosser Spannung erwarteten Ergebnis der Sitzung der US-Notenbank zeigten sich die Märkte in Europa mit der grösstmöglichen Zurückhaltung. Der DAX verlor 15 Punkte auf 18.711. Für den Euro-Stoxx-50 ging es deutlicher um 0,5 Prozent auf 4.835 nach unten, hier drückten unter anderem Abgaben im Nahrungsmittelsektor. Am Devisenmarkt zeigte sich der Euro mit 1,1115 Dollar weiterhin gut unterstützt. BASF gewannen 2,4 Prozent. Der neue BASF-Chef Markus Kamieth will auf einem Kapitalmarkttag in der nächsten Woche einem Bloomberg-Bericht zufolge, Pläne für einen Börsengang des Agrarchemiegeschäfts in einigen Jahren ankündigen. Kamieth könnte überdies die Bereitschaft signalisieren, Teile des Geschäfts mit Beschichtungen (Coatings) zu verkaufen oder für sie nach Partnern zu suchen. Möglicherweise werde es auch Informationen zu Zukunftsplänen für das Batteriematerialien-Geschäft geben, hiess es bei Bloomberg. Weiter im Fokus standen die Aktien der Commerzbank, nachdem Finanzchefin Bettina Orlopp den Bund aufgefordert hatte, seinen restlichen Anteil zu behalten. "Das versteht man als klares Signal, dass die Commerzbank ihre Selbstständigkeit nicht einfach an die Unicredit abtreten will", kommentierte ein Händler. Den Commerzbank-Kurs (+1,5%) stützte aber vor allem eine Hochstufung der Aktie. Barclays hat die Titel auf "Equalweight" nach "Underweight" erhöht.
USA
Volatil hat die Wall Street am Mittwoch auf den Zinsentscheid der US-Notenbank reagiert. Dow-Jones-Index und S&P-500 stiegen auf Rekordhochs, unmittelbar nachdem die Federal Reserve ihren Leitzins um 50 Basispunkte gesenkt hatte. Doch schon bald kamen die Kurse wieder zurück. Zum Handelsschluss notierte der Dow-Jones-Index 0,2 Prozent niedriger bei 41.503 Punkten. Der S&P-500 verlor 0,3 Prozent, ebenso wie der Nasdaq-Composite. Zwar hatte es als sicher gegolten, dass die Fed die Zinsen senken würde, um die US-Wirtschaft zu stützen. Unklar war aber, ob es nur eine kleine Zinssenkung um 25 Basispunkte geben würde oder eine grosse Senkung um 50 Basispunkte. Der grosse Zinsschritt könnte am Markt als zu aggressiv aufgefasst worden sein, meinte Scott Helfstein, leitender Investmentstratege bei Global X. Er dürfte den Eindruck erweckt haben, dass die Fed besorgt sei wegen einer sich abschwächenden Konjunktur. Allerdings dürften sich die Ängste legen, wenn die kommenden Konjunkturdaten solide ausfielen. Unter den Einzelwerten stieg die Aktie der Google-Mutter Alphabet um 0,3 Prozent. Der Chiphersteller Qualcomm (-0,2%) ist mit seinem Versuch gescheitert, eine im Jahr 2019 von der EU-Kommission verhängte Strafe wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung zu Fall zu bringen. Die Geldbusse wurde jedoch um 3,3 auf 238,7 Millionen Euro gesenkt.
Asien
Die Börsen in Ostasien reagieren positiv auf die Entscheidung der US-Notenbank, den Zinssenkungszyklus mit einem grossen Schritt um 50 Basispunkte zu beginnen. Mit Abstand am kräftigsten aufwärts geht es in Tokio. Der Nikkei-225-Index macht einen Satz um 2,6 Prozent auf 37.326 Punkte.
Obligationen
Am US-Anleihemarkt kamen die Renditen nach dem Zinsbeschluss zunächst zurück, zogen danach aber deutlicher an. Während der Frage- und Antwortrunde im Anschluss an den Entscheid hatte Fed-Chef Powell gesagt, er sehe keinen Hinweis darauf, dass die US-Wirtschaft grössere Probleme habe, und sei zuversichtlich, dass die Inflation unter Kontrolle gebracht werden könne.
Analyse
UBS erhöht Givaudan auf 4.500 (4.200) CHF – Neutral
Barclays erhöht Commerzbank auf Equalw. (Underw.)/16 (12) EUR – Händler
Dt. Bank senkt ASML auf 950 (1.100) EUR – Buy
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