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Alles fürs Auge (Copy)

Dossier
For your eyes only

Die zunehmende Zahl an alten Menschen und wegweisende Innovationen bescheren dem Markt für Augenpflegeprodukte ein robustes Wachstum. Er könnte bis 2030 einen Wert von mehr als 110 Mrd. Dollar erreichen. 2024 waren es 74,7 Mrd. Dollar.

Weltweit leiden gut 2,2 Milliarden Menschen an Sehbehinderungen oder Blindheit, wie es regelmässig in Medienberichten heisst. In Wirklichkeit dürfte diese Zahl jedoch deutlich höher liegen. Die Medienangaben stützen sich auf den ersten globalen Bericht zum Thema Sehkraft, den die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2019 veröffentlicht hatte. Das ist allerdings schon wieder sechs Jahre her. Seitdem habe «die Prävalenz aller Augenerkrankungen noch zugenommen», betont Riad Sherif, CEO des Schweizer Unternehmens Oculis, im Interview mit «Swissquote Magazine».

Es gibt mehrere Gründe für den Anstieg von Augenerkrankungen weltweit. Der erste ist demografischer Natur. «Mit zunehmendem Alter erhöht sich das Risiko, eine Augenerkrankung zu entwickeln», sagt Pierre-Alexis François, Portfoliomanager bei Thematics Asset Management. Das Ergebnis: Das Altern der Bevölkerung führt beinahe automatisch zu einem Anstieg der Augenerkrankungen, insbesondere von Krankheiten wie Glaukom (Grüner Star), Katarakt (Grauer Star) oder altersbedingter Makuladegeneration (AMD). Nach Prognosen der Vereinten Nationen wird sich die Zahl der Menschen, die älter als 60 Jahre alt sind, weltweit von 761 Millionen im Jahr 2021 auf rund 1,6 Milliarden im Jahr 2050 mehr als verdoppeln.

Das dürfte dann auch die Anzahl der Augenerkrankungen dramatischerhöhen. Die häufigste Ursache für den Verlust des zentralen Sehvermögens bei Menschen über 50 ist in westlichen Ländern AMD. Daran litten etwa im Jahr 2020 weltweit rund 200 Millionen Männer und Frauen. Diese Zahl dürfte laut einer in «Cureus: Journal of Medical Science» veröffentlichten Studie bis 2040 auf 288 Millionen ansteigen, was einem Zuwachs von 44 Prozent entspricht. Das Risiko, an AMD zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter ganz erheblich: In den USA sind 24 Prozent der Bevölkerung im Alter von 75 bis 79 Jahren betroffen, bei den 50- bis 59-Jährigen dagegen nur 2 Prozent. Weltweit ist diese Krankheit für etwa 9 Prozent aller Erblindungen verantwortlich.

Ähnliches gilt für das Glaukom. Laut einer in der Fachzeitschrift «Ophtalmology» veröffentlichten Studie der Glaucoma Research Foundation werden im Jahr 2040 fast 111,8 Millionen Menschen von dieser Krankheit betroffen sein, gegenüber etwa 80 Millionen Menschen im Jahr 2020. Eine Entwicklung, die nicht ohne gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen bleibt: Bis 2040 werden weltweit 22 Millionen Menschen aufgrund eines Glaukoms erblinden, gegenüber 8,4 Millionen im Jahr 2010.

Epidemie der Kurzsichtigkeit

«Die weltweit steigende Prävalenz von Diabetes ist ebenfalls eine Ursache für die zunehmende Verbreitung von Augenerkrankungen», erklärt Cyril Suter, Investment Specialist bei Indosuez Wealth Management. Von den weltweit 800 Millionen Diabetikern – fünfmal mehr als in den 1980er-Jahren – entwickeln 25 bis 30 Prozent eine Augenerkrankung, insbesondere eine diabetische Retinopathie, die unbehandelt zur Erblindung führen kann.

Der Anstieg der Augenerkrankungen betrifft jedoch nicht nur Seniorinnen und Senioren. Auch jüngere Menschen sehen immer schlechter. Fachleute sprechen beispielsweise aufgrund des raschen und alarmierenden Anstiegs der Kurzsichtigkeit weltweit, insbesondere bei der jüngeren Generation, sogar von einer «Myopie-Epidemie». Laut einem Artikel, der im Mai 2024 in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlicht wurde, dürfte im Jahr 2050 die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig sein, also fünf Milliarden Menschen. Heute sind es nur 30 Prozent.

Dass Kurzsichtigkeit immer häufiger auftritt, hängt laut Alyssa Cornuz, Portfoliomanager bei Robeco, mit veränderten Lebensgewohnheiten zusammen. «Die jüngeren Generationen verbringen weniger Zeit im Freien und mehr Zeit in Innenräumen, insbesondere vor Bildschirmen. Das menschliche Auge ist dafür jedoch nicht geschaffen. Es braucht natürliches Licht und Fernsicht.» Wie eine Studie von Optique Suisse ergeben hat, benötigte im Jahr 2001 die Mehrheit (55 Prozent) der 16- bis 24-Jährigen in der Schweiz keine Sehhilfen (Brillen oder Kontaktlinsen). 20 Jahre später, im Jahr 2021, lag der Anteil dagegen nur noch bei 30 Prozent. Insgesamt tragen derzeit mehr als 80 Prozent der Schweizer Bevölkerung im Alter von 15 bis 74 Jahren eine Brille oder Kontaktlinsen.

Für Unternehmen, die sich auf den Bereich der Augenheilkunde spezialisiert haben, ist diese Entwicklung geschäftlich gesehen ein Segen. Das betrifft die Giganten EssilorLuxottica, weltweit führender Brillenhersteller, und Alcon, weltweit führender Anbieter von Augenchirurgie, aber auch kleinere Unternehmen wie Oculis, Ocular Therapeutix oder Warby Parker (s. Unternehmensporträts). «Der Sektor Augengesundheit verzeichnet ein strukturelles Wachstum von 4 bis 5 Prozent pro Jahr», berichtet Cyril Suter. «Es ist eine interessante Branche für Investoren, auch wenn man sich die einzelnen Teilbereiche genauer ansehen muss, da der Markt der Augenheilkunde viele Disziplinen abdeckt, von der Pharmazie über Medizintechnik bis hin zu Glasproduzenten.» Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Grand View Research dürfte der weltweite Markt für Augenpflegeprodukte im Jahr 2030 einen Umsatz von 110,33 Mrd. Dollar erzielen, gegenüber 70,78 Mrd. im Jahr 2023. Das entspricht einem jährlichen Wachstum von 6,72 Prozent.

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«Der Markt für die Behandlung von Augenerkrankungen wächst strukturell aufgrund der steigenden Zahl von Patienten», bestätigt Pierre-Alexis François. Er verweist aber auch auf medizinische Fortschritte. «Die Augenheilkunde ist ein sehr innovativer Sektor, der neue Märkte schaffen kann. Für Investoren bietet diese Branche attraktive Wachstumsraten, insbesondere wenn man sich für die innovativsten Unternehmen interessiert.» Diese Meinung teilt auch Christoph Wirtz, Aktienmanager bei Rothschild & Co: «Der Bereich der Augenheilkunde kann eine gute Investition sein. Der Schlüssel liegt in der Innovation. In den Industrieländern werden die Gesundheitssysteme für solche Innovationen zahlen, die den Patienten einen echten Nutzen bringen.»

Vor den 2000er-Jahren bot die Medizin beispielsweise nur wenige Lösungen für Menschen mit AMD. Die Einführung einer neuen Klasse von Medikamenten im Jahr 2005 – Anti-VEGF-Medikamente (Anti-Vascular Endothelium Growth Factor) – revolutionierte die Behandlung dieser Patienten. Heute wird der Markt für Anti-VEGF-Medikamente auf 13 Mrd. Dollar geschätzt und soll laut Global Market Insights bis 2034 auf 23,3 Mrd. zunehmen, also jährlich um 6,1 Prozent wachsen. Zahlreiche Unternehmen, darunter Alcon, Amgen, Novartis und Roche, teilen sich dieses Geschäft.

«Der Markt für Anti-VEGF-Medikamente ist sehr wettbewerbs-intensiv geworden», betont Cyril Suter. Aber es handelt sich um einen Sektor, in dem es noch Raum für Innovationen gibt. Derzeit bestehe, so Suter, die Behandlung in regelmässigen Injektionen in die Augen. Um die Therapie zu verbessern, entwickelten viele Akteure Verfahren, die für die Patienten weniger belastend und weniger invasiv seien. «Mit ihren Innovationen können sie diesen Markt revolutionieren.» 2023 beispielsweise erhielt Regeneron Pharmaceuticals die Zulassung der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) für die Vermarktung des Medikaments Eylea, mit dem man die Häufigkeit der Injektionen reduzieren kann. Roche hat seinerseits Susvimo auf den Markt gebracht, ein intraokulares Implantat, das das Medikament kontinuierlich freisetzt. So muss es nur einmal im Halbjahr injiziert werden und nicht alle zwei Monate wie bei herkömmlichen Behandlungen. Diese einzigartige Therapieform wurde im Februar 2025 von der FDA zugelassen. Das Schweizer Unternehmen Oculis entwickelt derzeit Augentropfen, mit denen es langfristig möglich sein soll, bei der Behandlung von AMD ganz auf Injektionen zu verzichten (s. Interview). Der Bereich der Anti-VEGF-Medikamente sei sehr dynamisch und bringe viele Innovationen hervor, fasst Cyril Suter zusammen.

In den Industrieländern werden die Gesundheitssysteme für Innovationen zahlen, die den Patienten einen echten Nutzen bringen
Christoph Wirtz, Aktienmanager bei Rothschild & Co

Eine weitere Revolution findet derzeit im Bereich der Kurzsichtigkeit statt. Hier haben grosse Brillenhersteller wie Hoya, Zeiss und EssilorLuxottica seit 2020 Gläser auf den Markt gebracht, die nicht nur die Fehlsichtigkeit korrigieren, sondern auch deren Fortschreiten verlangsamen. Nach Angaben des Unternehmens bremsen beispielsweise Essilor-Stellest-Gläser das Voranschreiten der Kurzsichtigkeit um 67 Prozent im Vergleich zu Standardgläsern – sofern Kinder sie zwölf Stunden am Tag tragen.

Das wäre ein echter Wendepunkt im Gesundheitswesen, da unter den Sechs- bis Neunjährigen nahezu jedes vierte Kind, das eine Brille trägt, auch kurzsichtig ist. Mit 18 Jahren steigt diese Quote auf 60 Prozent. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, hier so früh wie möglich einzugreifen, da die Progression vor dem zehnten Lebensjahr schneller voranschreitet und jede verlorene Dioptrie das Risiko schwerwiegender Erkrankungen im Erwachsenenalter um 67 Prozent erhöht: Netzhautablösung, Glaukom, myopische Makulopathien... «Der Markt für Brillengläser, die Kurzsichtigkeit bremsen, ist riesig», betont Pierre-Alexis François. «EssilorLuxottica erzielt in China bereits einen bedeutenden Teil seines Umsatzes mit dieser Technologie.»

Doch damit gibt sich das italienisch-französische Unternehmen nicht zufrieden, sondern setzt auf Neuentwicklungen in allen Bereichen. So führte die Partnerschaft mit Meta zur Vermarktung von vernetzten Brillen, den Meta Ray-Ban. Ausserdem will das Unternehmen auch den Hörgerätebereich revolutionieren. Nach der Übernahme von Nuance Hearing im Jahr 2023 brachte Essilor 2025 die Nuance Audio auf den Markt – eine Brille, die sowohl die Sehkraft korrigiert als auch das Hörvermögen verbessert. Offenbar ein neuer Geschäftszweig mit enormem Potenzial, wie das Unternehmen erklärt: «Der Markt für Hörgeräte ist derzeit weltweit noch unterversorgt (...), da die Verbraucher aufgrund von Faktoren wie Stigmatisierung durch die Sichtbarkeit des Geräts, körperliche Beschwerden, Preis und Zugang zum Produkt oft zögern, Korrekturhilfen zu tragen. Nuance Audio möchte diese Hindernisse beseitigen, die die Verbreitung herkömmlicher Hörgeräte bisher behindert haben. Mit der Einführung der Nuance-Audio-Gläser möchte die Gruppe den Bedürfnissen von fast 1,25 Milliarden Menschen weltweit gerecht werden, die unter einem leichten bis mittelschweren Hörverlust leiden.»

Moderne Mikrochirurgie

Geht es ausschliesslich um die Augen, so gibt es auch im Bereich der ophthalmologischen Mikrochirurgie enorme Fortschritte, wie Alyssa Cornuz erklärt: «Laser werden immer präziser, was immer weniger invasive, dafür äusserst sichere Eingriffe ermöglicht.» Zwei Studien, die im September letzten Jahres in Kopenhagen auf dem 43. Kongress der Europäischen Gesellschaft für Katarakt- und Refraktive Chirurgie vorgestellt wurden, haben gezeigt, dass es mittlerweile «sicher, praktisch und effektiv» sei, bei Behandlungen des Grauen Stars (Katarakt) beide Augen des Patienten gleichzeitig zu operieren, während Augenärzte bisher in zwei Schritten vorgingen: erst das eine Auge, dann das andere, im Abstand von etwa zwei Wochen. Ein Paradigmenwechsel, der die Kosten für die Krankenkassen senken und den Patienten Zeit ersparen könnte.

Auch sogenannte multifokale Implantate sind eine bemerkenswerte Entwicklung. Bei einer Kataraktoperation wird die getrübte Augenlinse entfernt und durch eine klare künstliche Linse ersetzt. Während herkömmliche Implantate zur Behandlung des Grauen Stars dienen, ermöglichen es diese neuen Implantate, Kurzsichtigkeit, Astigmatismus (Hornhautverkrümmung) und Alterssichtigkeit gleichzeitig zu korrigieren. Pateinten können so ihre Ausgaben für Brillen reduzieren.

«Die führenden Unternehmen im Bereich der Augenchirurgie profitieren von der steigenden Zahl an Operationen, insbesondere bei Grauem Star», betont David Kägi, Portfoliomanager bei Robeco. Der Experte warnt jedoch: «Die Menschen spüren allmählich die Inflation, und Augenoperationen sind eine Art von Ausgaben, die in Krisenzeiten aufgeschoben werden, insbesondere in Ländern, in denen solche Eingriffe nicht oder nur in geringem Umfang von den Gesundheitssystemen übernommen werden.» Diese Meinung teilt auch Christoph Wirtz: «Der Markt für Augenoperationen ist volatil, da Patienten in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit Operationen aufschieben.»

Langfristig könnte man bestimmte chirurgische Eingriffe durch Zell- und Gentherapien ersetzen, die in der Augenheilkunde sehr vielversprechend seien, so Wirtz weiter. «Aber das ist Zukunfts-musik. Diese Therapien sind noch weit entfernt von einer Markt-reife.» Das hindert Alcon jedoch nicht daran, sich schon jetzt entsprechend aufzustellen. Im März 2025 gab das in Genf ansässige Unternehmen den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an Aurion Biotech bekannt.Und diese Firma hat sich auf Zelltherapien für Augenerkrankungen spezialisiert.

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