Agriculture 4.0

«Das Smartphone hat alles verändert»

Interview

Das Schweizer Forschungsinstitut Agroscope mit Sitz in Ettenhausen im Kanton Thurgau untersucht die Einführung digitaler Technologien in der Landwirtschaft. Thomas Anken, Leiter der Agroscope-Forschungsgruppe Digitale Produktion, erläutert die aktuellen Herausforderungen.

Agroscope ist sicherlich nicht das bekannteste Schweizer Forschungsinstitut, aber zweifellos eines der wichtigsten. Denn das Kompetenzzentrum des Bundes für Agrar- und Lebensmittelforschung befasst sich mit einer (über)lebenswichtigen Aufgabe: der Produktion von Nahrungsmitteln. In Ettenhausen im Kanton Thurgau beschäftigt sich Thomas Anken, Leiter der Forschungsgruppe Digitale Produktion bei Agroscope, mit der Digitalisierung in der Landwirtschaft und mit Smart Farming. Wir haben mit ihm über das Potenzial dieser Technologien für die Schweizer Landwirtschaft gesprochen.

Seit einigen Jahren hört man viel von «Agritech», «Landwirtschaft 4.0» oder «Smart Farming». Was steckt hinter diesen Schlagworten? Steht die Landwirtschaft wirklich vor einer digitalen Revolution?

Es geht hier um mehr als nur Marketing. Wie andere Branchen auch, befindet sich die Landwirtschaft mitten in einer digitalen Transformation. In dem Sektor sind diese Technologien zum Teil bereits gut etabliert. So setzen beispielsweise 3’000 Milchviehbetriebe in der Schweiz Melkroboter ein – also vollautomatische Systeme, an denen die Kühe nach Belieben zum Melken anstehen können. Die Zahl von 3’000 Betrieben ist interessant. Denn das zeigt zwar die zunehmende Verbreitung dieser Technologie, aber auch, dass der Weg, der vor uns liegt, noch lang ist. Denn in der Schweiz gibt es rund 17’000 Betriebe mit Milchvieh. Bei Neuinstallationen machen Roboter jedoch wahrscheinlich schon mehr als 50 Prozent aus.

Aber welche Vorteile bieten diese teuren Melkroboter?

Diese Systeme, mit denen zahlreiche Daten über die Tiere und die Produktion erfasst werden können, bieten mehrere direkte Vorteile: Sie verbessern die Hygiene und Gesundheit der Kühe, steigern leicht die Produktivität und verringern die körperliche Arbeit und die Arbeitsbelastung der Landwirte. Diese Maschinen tragen auch dazu bei, den Personalmangel im Primärsektor abzufedern. 1960 gab es in der Schweiz fast 140’000 Milchviehbetriebe. Heute sind es nur noch 17’000. Fast neun von zehn haben den Betrieb aufgegeben, und das ist noch nicht das Ende. Aber dank der Technologie ist die Produktivität auf einem konstanten Niveau geblieben.

Welche anderen Technologien sind derzeit attraktiv?

Genau wie in der Automobilbranche werden Traktoren dank zahlreicher Sensoren und der Nutzung von GPS-Daten immer vernetzter und automatisierter. Auch hier tragen diese Systeme dazu bei, die Arbeit der Landwirte zu erleichtern und gleichzeitig die Produktivität zu steigern. Die Einführung der ersten autonomen Fahrzeuge für verschiedene Aufgaben, zum Beispiel das Jäten, hat neue Türen geöffnet.

Auf einem riesigen Feld in den USA kann man sich autonome Traktoren gut vorstellen. Aber sind diese Maschinen auch für kleine Parzellen in der Schweiz geeignet?

Die Vorstellung, dass nur grosse Betriebe mit riesigen Parzellen vom Smart Farming profitieren können, ist falsch. Wenn eine Technologie einen echten Mehrwert bringt, wird sie auch auf kleinen Flächen eingesetzt. In der Schweiz beispielsweise sind fast 90 Sprühdrohnen im Einsatz. Damit kann man auch in steilen Weinberglagen wie im Wallis Chemikalien sprühen, dort also, wo andere Maschinen gar nicht hinkommen. Sie ersetzen damit das mühsame Sprühen von Hand. Darüber hinaus ermöglichen intelligente Sensoren, die relevante Parameter wie Euterentzündungen oder die Aktivität der Kühe präzise überwachen, eine bessere Bewirtschaftung des Viehbestands. Viele Betriebe setzen auch kostengünstige Technologien ein, wie beispielsweise die automatisierte Fütterung von Milchkühen mit Kraftfutter, die in den meisten Betrieben Standard ist.

Was können diese intelligenten Sensoren den Landwirten bringen?

Generell sollen die neuen Technologien des Smart Farming den Landwirten in Zukunft ermöglichen, Pflanzen und Tieren genau das zu geben, was sie brauchen, und zwar genau dann, wenn sie es brauchen. Smart Farming verspricht also mehr Produktivität, weniger Pflanzenschutzmittel, eine frühzeitige Erkennung von Krankheiten bei Tieren und Pflanzen und damit letztlich eine höhere Produktqualität. Das einfachste Beispiel ist der Feuchtigkeitssensor, der den Wassergehalt im Boden misst. Anhand der gesammelten Daten können Landwirte zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Menge bewässern. Geht man noch einen Schritt weiter und kombiniert die Feuchtigkeitsdaten mit Wetterdaten, lassen sich bestimmte Krankheiten wie Kartoffelfäule vorhersagen, sodass eine präzisere Behandlung möglich ist. 

In der Industrie ist diese Art von Software zur Entscheidungshilfe schon gut etabliert. Wie sieht es in der Landwirtschaft aus? 

Die Industrie ist bei der Nutzung von Daten zur Prozessverbesserung viel weiter als die Landwirtschaft. Auch wenn sich Informationssysteme für landwirtschaftliche Betriebe (FMIS), das Pendant zu SAP-Software in der Industrie, allmählich entwickeln, notieren viele Landwirte die Menge der Pestizide, die sie auf jeder Parzelle ausbringen, noch immer auf Papier. Die Digitalisierung der Landwirtschaft wird Zeit brauchen. Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon. 

Der Rückstand ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Landwirtschaft ein konservatives Metier ist, aber auch darauf, dass sich die Natur als viel komplexer erweist als eine Fabrik. Sie verändert sich ständig und hängt von sehr vielen Parametern ab, was die Nutzung von Daten erschwert und viel mehr Experimente erfordert. Ausserdem ist die Bereitschaft, in neue Technologien zu investieren, geringer als in der Industrie.

Apropos konservatives Umfeld: Wie hoch ist die Akzeptanz dieser neuen Technologien unter den Landwirten? 

Ähnlich wie in der Gesellschaft gibt es auch unter den Landwirten Pioniere, die alle Technologien nutzen wollen, während andere eher zurückhaltend sind. Aber das Aufkommen des Smartphones hat in diesem Bereich eine echte Revolution ausgelöst. Jeder Landwirt kann nun Apps nutzen, mit denen er bestimmte Aspekte der Produktion wie Bestellungen und Lagerbestände verwalten kann. 

Und wie sieht es mit den Verbrauchern aus? Sind sie bereit, Lebensmittel zu kaufen, die von autonomen, KI-gesteuerten Robotern angebaut wurden? 

Bislang gibt es keine gesellschaftliche Debatte zu diesem Thema. Ich halte es für wichtig, den Verbrauchern zu erklären, dass diese neuen Technologien eine Hilfe sind, um Boden und Wasser besser zu bewirtschaften und gleichzeitig den Einsatz von Chemikalien zu reduzieren – was letztendlich zu besseren Lebensmitteln führt. Die Auswirkungen auf die Umwelt werden positiv sein. 

Woran arbeiten Sie derzeit bei Agroscope? 

Wir führen aktuell mehrere Projekte durch. Eines davon beschäftigt sich mit dem Einsatz von Kameras und Bilderkennungssoftware zur automatischen Identifizierung von Unkraut. Die Daten werden dann an einen Roboter weitergeleitet, der die Parzelle selbstständig jätet. In einem anderen Projekt geht es um die Entwicklung eines Sensors, der den Stress von Pflanzen misst. Damit lässt sich die Bewässerung vollautomatisch steuern, perfekt abgestimmt auf den Bedarf der jeweiligen Kultur.

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